Hier findenst du eine Fallstudie und einige Aktivitäten mit denen du deinen Geist trainieren kannst, um "die Perspektive zu wechseln".

 

Fallstudie: Glocal - die Welt in deiner Nachbarschaft

Eine Nachbarschaft ist eine Miniaturausgabe der Welt. Die laufenden Prozesse und Herausforderungen der Welt spiegeln sich im Ökosystem der Nachbarschaft wider.

Von Marta Gawinek-Dagargulia, SKORO

In Ursus, einem Stadtteil von Warschau, verfolgen oder verstehen viele Durchschnittsbürger keine globalen Probleme, über die in den Medien berichtet wird. Aber sie beteiligen sich in der Regel an Aktivitäten, die auf die Verbesserung des Alltagslebens im Stadtteil abzielen. Die Bewohner dieses Viertels können auf diese Weise ihre Rechte auf die Stadt und den öffentlichen Raum leichter einfordern. Daher werden sie auch öfters ermutigt, sich zu beteiligen und mit Ideen beizutragen. So entwickeln die Bürger Selbstorganisation und kreative Aktionen an der Basis. Diese können dann eine Inspiration für Entscheidungsträger sein, die auf höherer Ebene nach innovativen Lösungen für die globalen Herausforderungen suchen. 

Der Austausch von Ideen und Strategien stärkt die lokalen Gemeinschaften, verleiht ihnen Wertschätzung, verbindet sie mit anderen in der Welt und macht sie widerstandsfähiger. Die Bewohner der Bezirke vertreten sehr unterschiedliche gesellschaftspolitische Ansichten, spiegeln die Vielfalt der Gesellschaft wider und bringen eine breite Palette von Argumenten vor. Dies ist auch der Ausgangspunkt für Bottom-up-Initiativen. Gesellschaftliche Veränderungen können von Einzelpersonen initiiert werden, erfordern aber eine breite Beteiligung. Menschen, die einen sozialen Wandel anstoßen, sind diejenigen, die sich mit ihrem Stadtteil identifizieren und ermutigt werden, sich für eine Sache einzusetzen.

Abendessen in der Nachbarschaft

Herausforderung: Zusammenbruch der sozialen Beziehungen, Atomisierung der Gesellschaft, Unfähigkeit, sich im sozialen Wandel zusammenzuschließen. Regelmäßige abendliche Treffen zur Förderung der Kultur des Teilens, die von SKORO-Aktivisten geleitet werden. Die Nachbarn:innen brachten Essen und Getränke an einen vorbereiteten großen Tisch. Die Netzwerkveranstaltungen beim Abendessen förderten das Zusammentreffen von Nachbarn:innen, das Gespräch über das Stadtteilleben und den Austausch über aktuelle Themen und Ideen. Mit lokalen oder fair gehandelten globalen Produkten respektiert ein Nachbarschaftstreffen die Rechte und das Wohlergehen der Bauern:innen in der eigenen Region und der Produzenten:innen in fernen Ländern.

Ursus-Austausch (Wymienialinia Ursus)

Herausforderung: Vermüllung, Einweg-Produktion, verantwortungsvolle Nutzung von Gütern, Schaffung eines nachhaltigen Systems der Wiederverwendung.

SKORO lud die Bewohner des Viertels ein, nicht mehr benötigte Waren mitzubringen und diese dann gegen etwas Nützliches einzutauschen. Einfache Ideen haben eine große Kraft und dienen dem Planeten und seinem globalen Ökosystem, indem sie weder neue Produkte verbrauchen (Energie und Rohstoffe sparen) noch Abfall produzieren.

Der Schlüssel zum Erfolg von Gemeinde-Events liegt in ihrer Regelmäßigkeit, in ihrer konsequenten Durchführung (es ist egal, wie viele teilnehmen) und einfach in der Schaffung eines angenehmen und entspannten Raums, in dem die Teilnehmenden miteinander ins Gespräch kommen können.

Nachhaltigkeit in ihrer sozialen (Stärkung der Beziehungen zwischen den Menschen), finanziellen und ökologischen (Wiederverwendung von Gütern) Dimension kann in jeder Handlung verfolgt und mit einer globalen Dimension verbunden werden.

 

Akustischer Spaziergang auf dem Gelände einer ehemaligen Fabrik 

Herausforderung: Das räumliche und gesellschaftspolitische Vakuum (Ideenlosigkeit) nach der Schließung ehemaliger Industriestandorte. Insbesondere unter Berücksichtigung des soziokulturellen Erbes des Ortes und unter Einbeziehung der mit dem Ort verbundenen Menschen.

Der Rundgang fand in der ehemaligen Landmaschinenfabrik URSUS statt und wurde von mehreren hundert Personen, ehemaligen Arbeitern:innen und jungen Menschen besucht. Der Rundgang wurde von den Stimmen und einzigartigen Geschichten ehemaliger Fabrikarbeiter:innen begleitet und führte durch die Produktionshallen und das Werksgelände.

Die Autorin Jaśmina Wójcik sagt: "Ich glaube, dass Kunst die Realität verändern und die Einstellung der Menschen beeinflussen kann", und so hat diese Autorin viele weitere künstlerische Interventionen initiiert, die als Inspiration für andere Gemeinschaften dienen können, die in der Nähe von Industriegebieten auf der ganzen Welt entstehen. Zum Beispiel: ein partizipatives Museum der Fabrik, ein Buch mit Erinnerungen an den Ort oder die Kunstinstallation einer TRAKTOR-IDEA-URSUSA. Die Installation ist eine Statue, die aus Teilen der Originalmarke eines Traktors geformt wurde und von Traktorfahrern:innen und Liebende aus ganz Polen gespendet wurden. Bei einer solchen Veranstaltung kann man leicht eine Verbindung zwischen der lokalen Situation und den Industriearbeitenden in anderen Teilen der Welt herstellen und wir können gemeinsam über die Bedeutung angemessener Löhne und Arbeitsbedingungen für ein menschenwürdiges Leben diskutieren.

Ausländische Gäste einladen

Herausforderung: Bekämpfung von Stereotypen und Angst vor dem "Fremden". Persönliche Beziehungen mit anderen außerhalb unseres Bezirks stärken das Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein.

Der Austausch von Geschichten unterstreicht die Tatsache, dass die menschlichen Bedürfnisse universell sind und viele Probleme, mit denen wir im Bezirk konfrontiert sind, auch auf der ganzen Welt bestehen. Die Aufnahme von Menschen aus anderen Ländern (vor allem aus weniger bekannten) schafft Raum für sehr menschliche Handlungen, die Personen einander näherbringen können: Gastfreundschaft weckt Dankbarkeit, die Bereitschaft zu teilen und solidarisch zusammenzuleben. Auf diese Weise kann in kleinen Schritten eine internationale Gemeinschaft geschaffen werden. Darüber hinaus fördert der Austausch mehr Aufgeschlossenheit und erweitert den Horizont. Die Begegnung mit Menschen aus aller Welt zeigt Alternativen auf, lädt aber auch dazu ein, sich selbst weiterzuentwickeln, Sprachen zu lernen und sich Fähigkeiten anzueignen, die uns befähigen, eine aktive Rolle in der Gesellschaft zu spielen.

Referenzen: Competendo – Facilitator Handbook #3, https://competendo.net/en/hb/theeverydaybeyond.pdf pp. 47-49

 

 

Aktiviät 1: Die Bedeutung der Nation

1) Nimm dir einen Stift und ein Blatt Papier zur Hand und definiere 7 typische Merkmale von Menschen der folgenden Nationalitäten:

  1. Italienisch;
  2. Ghanaisch;
  3. Amerikanisch.

2) Vergleiche die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Nationalitäten.

3) Denke nun an dich selbst: Welche Merkmale einer Nation trägst du? Stammst du zu 100 % aus einer Nation?

Überlegen wir einmal: Wie wichtig und wie anwendbar sind diese so genannten "nationalen Merkmale" angesichts dieser Ergebnisse?

 

Aktivität 2: Was wissen wir? Was wissen wir NICHT?  

1) Wähle einen beliebigen Gegenstand (Lebensmittel, Kleidung, Elektronik...)

2) Beantworte die folgenden Fragen zu diesem Artikel:

a.     Was weiß ich über dieses Objekt?

b.     Was weiß ich nicht über dieses Objekt?

c.     Wer ist auf globaler Ebene daran beteiligt?

Beispiel: Eine im Supermarkt gekaufte Tomate aus meinem Kühlschrank

  • Ich weiß, dass sie rot ist, saftig, frisch schmeckt, gesund ist, Kerne hat, kugelförmig ist, sowohl gekocht als auch roh verzehrt werden kann, ein typisches Sommerprodukt ist und etwa _____ €/kg kostet.

  • Ich weiß nicht, wer der Landwirt oder der Betrieb ist, der die Tomate angebaut hat, wie viel der Landwirt mit dem Verkauf der Tomate verdient, ob die Arbeitsbedingungen der Erntehelfer in Ordnung waren, welche anderen Zwischenhändler es zwischen Erzeuger und Verbraucher gab, wann genau die Tomate geerntet wurde, welche Pestizide verwendet wurden.

  • Auf globaler Ebene sind die Endverbraucher:innen, das Personal und die Eigentümer:innen des Supermarktes Österreicher:innen. Einige Angestellte könnten Ausländer:innen sein, die Transporteur:innen könnten Österreicher:innen oder Ausländer:innen sein, der/die Pflücker:in könnte ein/e Migrant:in aus Afrika oder Osteuropa sein...

 

Halte kurz inne und denke nach: Ausgehend von deinen Ergebnissen ist der wichtigste Punkt, an dem du arbeiten musst, das, was du nicht über den Gegenstand weißt. Wie kannst du mehr herausfinden? Stelle den richtigen Akteur:innen die richtigen Fragen. Du kannst sogar eine E-Mail an die Herstellerfirma schreiben und um die fehlenden Informationen bitten.

  • Was hältst du davon, ein/e kritische/r Denker:in zu werden?

  • Kannst du dir vorstellen, dies öfter zu tun?

Referenzen:

Competendo - Digitaler Werkzeugkasten. https://competendo.net/en/What_Do_We_Know