Testen, was wir gelernt haben
Lies dir diese Kurzgeschichte durch und probiere dann die Übung aus, um deine Fähigkeiten zum Wechseln der Perspektive zu verbessern.
Es war einmal eine Familie, die aus drei Personen bestand: einer Mutter, einem Vater und einem 12-jährigen Sohn. Sie beschlossen, zu reisen, zu arbeiten und die Welt kennenzulernen, also zogen sie mit ihrem Esel los. Als sie im ersten Dorf ankamen, kommentierten die Leute: "Seht euch den Jungen an, wie ungehobelt er ist. Er sitzt auf dem Esel und die armen Eltern, die schon alt sind, ziehen ihn." Die Frau sagte zu ihrem Mann: "Wir erlauben den Leuten nicht, schlecht über unseren Sohn zu sprechen. Steig auf den Esel". Der Mann hörte auf sie und stieg auf den Esel. Im zweiten Dorf murrten die Leute sagen: "Seht euch diesen schamlosen Kerl an. Lasst den Jungen und die arme Frau den Esel ziehen, während er gemütlich auf dem Rücken des Esels sitzt." Der Mann bat also seine Frau, aufzusteigen, während er und sein Sohn den Esel zogen. Im dritten Dorf das übliche Gemurmel. "Armer Mann!'' - Sagten sie - ''Nach dem ganzen Tag Arbeit lässt er seine Frau auf den Esel steigen. Und der arme Sohn: Wer weiß, was er bei so einer Mutter alles erleben wird! ". Entmutigt beschlossen sie alle, auf den Esel zu steigen und ihre Reise fortzusetzen. Als sie im nächsten Dorf ankamen, hörten sie sich an, was die Einwohner sagten: "Das sind Bestien, mehr Bestien als der Esel, der sie trägt. Sie werden ihm den Rücken brechen!" Verärgert über die Kritik, beschlossen sie alle, abzusteigen und mit dem Esel zu gehen. Aber die Kritik war noch nicht vorbei. Als sie in dem neuen Dorf ankamen, hörten sie, wie einige Leute untereinander lachten: "Seht euch diese drei Idioten an; sie gehen zu Fuß, obwohl sie einen Esel haben, der sie tragen könnte!". |
Aktivität: Beschreibung, Interpretation und Evaluation
Nimm dir einen Stift und Papier. Schaue dir das erste Bild unten an und beginne, etwas darüber zu schreiben (die ersten Worte, die dir in den Sinn kommen)
Wir stellen dir nun drei Kategorien vor und erläutern, was sie bedeuten:
- Beschreibung: neutrale Beobachtung.
- Interpretation: dem Beobachteten einen Sinn geben.
- Evaluation: ein Urteil (eine Bewertung) über das, was du beobachtest, abgeben.
Das folgende Beispiel soll dir helfen, die drei Aspekte voneinander zu trennen:
Beschreibung:
- Ich sehe eine Frau, die ihren Mund bedeckt.
Interpretation:
- Sie gähnt, also ist sie gelangweilt
- Sie rülpst und versucht höflich zu sein, indem sie sich den Mund zuhält.
- Sie scheint freudig überrascht.
- Sie lacht aus Verlegenheit.
Evaluation:
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Ich denke, sie ist ein guter Mensch, der versucht, höflich zu sein.
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Ich finde, sie hält sich zu sehr zurück, sie könnte entspannter sein.
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Hier handelt es sich um eine natürliche Reaktion auf gute Nachrichten.
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Die Frau sollte sich schämen, so offen zu lachen.
Schaue dir nun das nächste Bild an, teilen dein Blatt in drei Spalten auf (eine für jede Kategorie) und beginne damit, nur die Beschreibung auszufüllen. Beobachte deine Gedanken und versuche, dich zu korrigieren, wenn du von der Kategorie abweichst. Wenn du mit der Beschreibung fertig bist, gehe zur Interpretation über und wenn du damit fertig sind, schließe mit der Evaluation ab (achte sowohl auf eine positive als auch eine negative Bewertung).
Reflektion: Was war der schwierigste Aspekt der Übung? Wie fühlst du dich, wenn du interpretiert und/oder bewertet wirst (entweder richtig oder falsch verstanden)?
Erweitere die Übung auf Situationen in deinem täglichen Leben, in denen du dazu neigst, direkt zu Bewertungen zu eilen, ohne die Zwischenstufen zu durchlaufen: Hast du Nachbarn, die sich nicht um Gemeinschaftsräume kümmern und die du für unhöflich hältst? Stören dich Elektrorollerfahrern:innen, insbesondere bei Ausländern:innen? Vermüllen junge Leute in deiner Nachbarschaft den Park, in dem deine Kinder spielen? Und so weiter. Gehen Sie wieder dazu über, ihre Handlungen zu interpretieren, bevor Sie sie bewerten.
Denke daran, dass die Prozesse, die wir zur Beschreibung, Interpretation und Bewertung verwenden, sowohl von der Kultur als auch von persönlichen Erfahrungen abhängen und unsere Fähigkeit, andere Kulturen und Menschen zu verstehen, einschränken.
Referenz: Competendo – Facilitator Handbook #3, https://competendo.net/en/hb/theeverydaybeyond.pdf S. 74-75