1. Einleitung

1.2. Wir und die Anderen: Gruppendenken und Vorurteile

Unsere Gesellschaft ist charakterisiert durch das Denken in Gruppenkategorien von „Wir“ und „die Anderen“. Das zeigt die Debatte um die gesellschaftliche Zugehörigkeit von Migrant*innen und Flüchtlingen. Doch auch abseits der Migrationsdebatte ist unser Denken im Alltag von Gruppenkategorien bezüglich Geschlecht, Alter, Bildung, regionale Herkunft oder kulturellen Geschmack - und damit von Zugehörigkeit - bestimmt.

Eine Denkweise in Gruppenkategorien ist für Individuen problematisch, da sie die Gesellschaft teilt und langfristig zu Konflikten, politischer Instabilität und im schlimmsten Fall zu kriegerischen Auseinandersetzungen führt.

 

Woher kommt das Denken in Gruppenkategorien und Vorurteilen?

Grundlage des Kategoriendenkens ist die sozialpsychologische Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdgruppen nach Henri Tajfel und John Turner. Im Wesentlichen geht es dabei darum, dass Menschen selbst zufällig zustande gekommene Gruppenzugehörigkeiten dahingehend interpretieren, Mitglieder der eigenen Gruppe zu bevorzugen und jene der Fremdgruppe zu benachteiligen.

Verstärkt werden die dargestellten Phänomene des „Eigengruppenfavoritismus“ und der „Fremdgruppenablehnung“ im Wettbewerb um knappe Ressourcen. Wie die Psycholog*innen Muzafer und Carolyn Sherif feststellten, kann ein solcher Wettbewerb in Verbindung mit ausgeprägtem Gruppendenken schnell zu gewaltbereiten Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen führen.

 

Wie lassen sich Vorurteile und Intergruppenkonflikte aufbrechen?

Ein zentraler Weg ist der Intergruppenkontakt (beschrieben von Gordon Allport), also das Schaffen von Begegnungsräumen für Angehörige unterschiedlicher Gruppen. Durch den Kontakt bauen sich Vorurteile ab, Mitglieder der Fremdgruppe werden mehr als Individuen wahrgenommen, weshalb man bei dem beobachteten Effekt auch von „Individuation“ spricht.

Voraussetzung für das Gelingen dieses Prozesses der Individuation ist, dass die Beteiligten persönlichen Kontakt haben, sich auf Augenhöhe begegnen (gleicher Status in der Kontaktsituation) und vor allem ein gemeinsames Ziel verfolgen. Das gemeinsame Arbeiten mit Menschen aus anderen Gruppen kann helfen, die vermeintlich mit der Fremdgruppe verknüpften negativen Eigenschaften zu hinterfragen.

Ein weiterer Weg zum Abbau von Vorurteilen ist die Bereitschaft zur Selbstreflexion, d.h. sich selbst als Angehörige/r unterschiedlicher sozialer Gruppen wahrzunehmen. Dies führt dazu, die eigenen Denkweisen und Kategorisierungen im Kopf in Frage zu stellen und diese bewusst zu bekämpfen.

---

Eine gute Zusammenfassung des Geschriebenen bietet dieses Video: